Das zentrale Prinzip für Veränderung in allen Lebensbereichen ist aus systemtheoretischer Sicht der prozessuale Übergang von einer Ordnung zu einer neuen Ordnung. Die Personzentrierte Systemtheorie beschreibt jede Entwicklung als einen „Ordnungs-Ordnungs-Übergang“. Unabhängig davon, welches spezifische Anliegen ein/e Coachee ins Coaching einbringt, offenbart eine genauere Analyse häufig zugrundeliegende Muster und Strukturen, die in der Vergangenheit sinnvoll waren, aber den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gerecht werden.
Probleme, die im Coaching behandelt werden, können als Zeichen überstabiler Ordnungen verstanden werden – Strukturen, die sich verändernden Bedingungen nicht mehr anpassen. Dies gilt besonders im Kontext von Führungskräften, deren berufliche Rollen häufig von Komplexität und hohem Anpassungsdruck geprägt sind. So erweist sich das Führungskräfte-Coaching als ideale Plattform, um solche festgefahrenen Strukturen zu analysieren und transformative Prozesse zu initiieren. Dabei spielen Aspekte wie Business Coaching, Leadership Coaching, Executive Coaching, und Team Coaching eine entscheidende Rolle.
Personzentrierte Systemtheorie: Vier Prozessebenen als Schlüssel zur Analyse
Die Personzentrierte Systemtheorie unterscheidet vier zentrale Prozessebenen:
- Personale Prozessebene: Diese umfasst die psychische und körperliche Verfasstheit einer Person, ihre Wahrnehmung, Emotionen und Denkprozesse.
- Interpersonelle Prozessebene: Hier geht es um die Beziehungen zwischen Menschen, sei es in Zweierkonstellationen, Teams oder anderen sozialen Gruppen.
- Organisationale Prozessebene: Diese Ebene betrachtet die Strukturen, Prozesse und Dynamiken innerhalb von Organisationen.
- Gesellschaftlich-kulturelle Prozessebene: Hier werden gesellschaftliche, kulturelle und normative Rahmenbedingungen analysiert, die Einfluss auf Individuen und Organisationen nehmen.
Im Führungskräfte-Coaching werden diese Prozessebenen nicht isoliert, sondern stets in ihrer dynamischen Verknüpfung analysiert. Dieses mehrdimensionale Denken ermöglicht es, Probleme umfassend zu verstehen und Lösungen zu entwickeln, die nachhaltige Veränderungen auf allen relevanten Ebenen bewirken.
Coaching-Diagnostik: Die Grundlage für erfolgreiche Interventionen
Jede Coaching-Intervention beginnt mit einer umfassenden Eingangsanalyse der Situation der Führungskraft. Dabei unterscheidet sich der Ansatz der Coaching-Diagnostik grundlegend von der klassischen Diagnostik in der Psychotherapie oder Medizin. Während dort die Diagnose von Expert:innen gestellt wird, handelt es sich im Coaching um einen dialogischen Prozess, in dem der/die Coachee als Expert:in der eigenen Situation aktiv mitarbeitet.
Methoden der Eingangsanalyse:
- Visualisierung: Zum Beispiel am Flipchart, um zentrale Themen und Dynamiken sichtbar zu machen.
- Interviews: Strukturierte oder offene Gespräche mit der Führungskraft und, wenn sinnvoll, auch mit Teammitgliedern.
- Beobachtung: Shadowing der Führungskraft im Arbeitsalltag.
- Systemische Aufstellungen: Durchführung im Raum oder mit Hilfsmitteln wie Sandspielfiguren.
Das Ergebnis dieser Analyse ist eine gemeinsame Zieldefinition, die den Rahmen für den weiteren Coaching-Prozess setzt. Die Personzentrierte Systemtheorie dient dabei als theoretische Landkarte, um die Komplexität der Anliegen strukturiert zu erfassen und zu bearbeiten.
Praktische Anwendung: Führung verstehen und gestalten
In der Praxis zeigt sich, dass Anfragen im Bereich Führungskräfte-Coaching, Business Coaching oder Executive Coaching häufig um Themen der Selbstführung, der Mitarbeitendenführung oder der Teamdynamik kreisen. Gleichzeitig sind organisationale und gesellschaftlich-kulturelle Einflüsse ständig präsent. Um diese Komplexität zu bewältigen, müssen Coaches auf allen vier Prozessebenen intervenieren können.
Beispiele für Ordnungs-Ordnungs-Übergänge:
- Personale Prozessebene: Eine Führungskraft leidet unter chronischem Stress und körperlicher Erschöpfung. Im Coaching werden Stressauslöser analysiert und Strategien zur Selbstführung entwickelt. Gleichzeitig wird die Fähigkeit gestärkt, körperliche und psychische Signale frühzeitig wahrzunehmen und darauf zu reagieren.
- Interpersonelle Prozessebene: Ein Team zeigt zunehmende Konflikte, die die Zusammenarbeit erschweren. Im Team Coaching wird die Kommunikation analysiert und neu gestaltet. Führungskräfte lernen, wie sie eine Kultur der Wertschätzung und Offenheit etablieren können.
- Organisationale Prozessebene: Eine Organisation befindet sich in einem Transformationsprozess hin zu agilen Strukturen. Im Coaching wird die Rolle der Führungskräfte in diesem Prozess reflektiert und gestärkt. Dabei werden auch Hindernisse in der organisationalen Kultur identifiziert und adressiert.
- Gesellschaftlich-kulturelle Prozessebene: Eine Führungskraft eines Familienunternehmens sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, traditionelle Werte mit den Anforderungen einer digitalisierten Welt in Einklang zu bringen. Im Coaching für Familienunternehmen wird an Strategien gearbeitet, um diese Spannungen konstruktiv zu nutzen.
Führung als Systemleistung: Ein neuer Blickwinkel
Ein häufiger Fehler in der Praxis besteht darin, Führung ausschließlich als individuelle Leistung zu betrachten. Tatsächlich ist Führung jedoch eine Systemleistung, die auf der Zusammenarbeit vieler Akteur:innen basiert. Im Rahmen von Leadership Coaching und Team Coaching wird dieser systemische Ansatz bewusst gemacht und verstärkt. Ziel ist es, die Verantwortlichkeiten und Befugnisse klar zu verteilen, Kommunikationswege zu optimieren und die Resilienz des gesamten Systems zu erhöhen.
Die Relevanz psychotherapeutischer Kenntnisse
Psychotherapeutische Kenntnisse, wie sie etwa im Kontext von Psychotherapie Wien vermittelt werden, können im Coaching-Prozess eine wertvolle Ergänzung darstellen. Besonders bei Themen wie Burnout, Überforderung oder zwischenmenschlichen Konflikten helfen psychotherapeutische Kompetenzen, die personalen und interpersonellen Prozessebenen tiefer zu durchdringen. Wichtig bleibt jedoch, dass Coaching und Psychotherapie klar voneinander abgegrenzt werden.
Coaching in der Praxis: Eine Fallstudie
Ein mittelständisches Unternehmen wandte sich an eine Beraterin für Familienunternehmen, um die Nachfolge innerhalb der Inhaberfamilie zu regeln. Der Seniorchef wollte sich aus der operativen Führung zurückziehen, doch es gab Spannungen zwischen den Geschwistern, die die Nachfolge antreten sollten. Im Rahmen des Coaching für Familienunternehmen wurde zunächst eine gemeinsame Zielvision erarbeitet. Auf der personalen Ebene wurde die Rollenfindung der einzelnen Geschwister begleitet, während auf der organisationalen Ebene die Strukturen für die Zusammenarbeit optimiert wurden. Parallel wurden gesellschaftlich-kulturelle Werte der Familie reflektiert und mit den Anforderungen der modernen Geschäftswelt abgeglichen.
Fazit: Nachhaltige Veränderungen durch systemisches Coaching
Die Personzentrierte Systemtheorie bietet eine fundierte theoretische Grundlage, um Führungskräfte-Coaching, Business Coaching, Executive Coaching und Team Coaching nachhaltig zu gestalten. Indem sie die Komplexität menschlicher, organisatorischer und gesellschaftlicher Dynamiken integriert, ermöglicht sie tiefgreifende Veränderungen und die Gestaltung zukunftsfähiger Führungssysteme. Für Unternehmen – insbesondere Familienunternehmen – bietet dieser Ansatz die Chance, Herausforderungen auf allen Prozessebenen erfolgreich zu meistern.
Ausblick auf Teil 4: Im nächsten Beitrag der Blogserie widmen wir uns der Beziehungsgestaltung als personzentrierter Kernkompetenz. Wir beleuchten, wie empathische Beziehungen im Coaching transformative Prozesse unterstützen und nachhaltig fördern können.